Newsletter Schweizer Buchhandel
Ausgabe 5/2022 vom 03. Februar 2022
4. Taskforce Barrierefreiheit
4. Kurzinterview mit Carsten Schwab
Carsten Schwab, Sie sind in der Geschäftsführung bei Diogenes und amten zusätzlich als Sprecher der Taskforce Barrierefreiheit im Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Wie kam es dazu?
Mit dem Thema Barrierefreiheit befasse ich mich seit über zehn Jahren. Ich bin eher zufällig darauf gestossen, als ich der Frage nachging, wie sich Text und Audio in eBooks miteinander zu einem hybriden Produkt verknüpfen lassen. Im Zuge dessen habe ich verstanden, welch enorme Chance das EPUB-Format bietet, Inhalte für blinde oder sehbehinderte Menschen zugänglich zu machen. Es bildete sich dann schon sehr früh eine Community aus Verlagen, Blindenbüchereien und technischen Dienstleistern, die das Thema auf ihre Agenda setzte. Die Verabschiedung des European Accessibility Acts (EAA) löste 2019 eine neue Dynamik aus und führte zur Gründung der länderübergreifenden Taskforce, in der ich mich sehr gern engagiere.
Wie sieht die Arbeit der Taskforce aus?
Vertreten sind die drei deutschsprachigen Branchenverbände, die IG Digital, Verlagsmitarbeitende, technische Dienstleister sowie die beiden Blindenbüchereien dzb lesen Leipzig und SBS Zürich. Koordiniert wird die Arbeit im Börsenverein von Kristina Kramer, die unsere Arbeit auch mit der Fondazione LIA in Italien abstimmt. Wir treffen uns alle zwei, drei Monate per Videokonferenz. Die soeben publizierten Leitfäden sind in einzelnen Arbeitsgruppen entstanden. Meine Co-Sprecherin Dana Minnemann vom dzb lesen hat mit enormem Einsatz dafür gesorgt, dass aus den einzelnen Dokumenten eine konsistente Sammlung an Leitfäden entstanden ist. Auch die geplanten Webinare werden von den Arbeitsgruppen selbst konzipiert und durchgeführt. Wir möchten der Branche gemeinsam helfen, die Anforderungen des EAA zu erfüllen. Diesen Zusammenhalt empfinde ich als beglückend. Und die Arbeit wird noch weitergehen.
Warum soll man bereits jetzt Webinare besuchen für ein Gesetz, das erst in gut drei Jahren gilt?
Die Buchhandels- und Verlagsbranche leistet einen wichtigen Beitrag für unsere offene und demokratische Gesellschaft. Über die Arbeit der Blindenbüchereien können gerade einmal fünf Prozent aller Publikation barrierefrei zugänglich gemacht werden. Es sollte daher unser Anspruch als Branche sein, all unsere digitalen Publikationen barrierefrei zu produzieren. So tragen wir unseren Teil dazu bei, unsere Gesellschaft inklusiver zu machen. Die Werkzeuge und die Möglichkeiten dazu haben wir. Die Taskforce unterstützt mit ihrer Arbeit Verlage und Buchhandlungen dabei, sich im Thema zurechtzufinden. Warum also bis 2025 warten? Fangen wir jetzt an!
Impliziert «barrierefrei» auch «kostenlose» Aspekte, oder welche Herausforderungen kommen da auf die Verlage zu?
Nein, die Erlösmodelle der Verlage werden nicht angetatstet. Die Verlage werden lediglich dazu verpflichtet, ihre digitalen Publikationen so aufzubereiten, dass assistive Technologien auf die Inhalte zugreifen können. Damit sind zum Beispiel Braillezeilen gemeint, die sich an den Rechner anschliessen lassen, oder Screenreader, die mittels synthetischer Spracheausgabe Bildschirminhalte vorlesen. Neben technologischer Vorkehrungen bedarf es auch eines redaktionellen Aufwands, weil für Abbildungen und Grafiken Beschreibungstexte formuliert werden müssen.
Carsten Schwab ist gelernter Buchhändler. Er studierte Mediapublishing und Verlagswirtschaft in Stuttgart. Von 2006 bis 2012 arbeitete er bei S. Fischer, danach bei Hoffmann und Campe als Herstellungsleiter. 2015 übernahm er die Herstellungsleitung bei Diogenes, 2019 wurde er in die Geschäftsführung berufen. Ab April 2022 wird er den Geschäftsbereich Publishing bei Edupartner in Zürich leiten.
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