Schweizer Buchhandels- und
Verlags-Verband SBVV

Newsletter Schweizer Buchhandel
Ausgabe 45/2022 vom 01. Dezember 2022

4. Nagel & Kimche
4. Jürgen Welte übernimmt das Steuer

HarperCollins Deutschland mit Sitz in Hamburg übernimmt den Zürcher Verlag Nagel & Kimche von Oliver Kneidl; der Münchner Verleger mit der MG Medien Verlags GmbH hatte Nagel & Kimche 2017 von Hanser gekauft. Zur neuen Heimat von Nagel & Kimche gehören die Verlage HarperCollins, Ecco, Mira, HarperAudio, Schneiderbuch, Dragonfly und Cora. Jürgen Welte ist seit 2019 Verleger und Geschäftsführer der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland. Davor war er Vertriebs- und Marketinggeschäftsführer bei Rowohlt.

Warum hat HarperCollins Nagel & Kimche gekauft?
Jürgen Welte: Seit 3,5 Jahren führe ich die deutsche Niederlassung von HarperCollins mit dem Ziel, das Verlagsgeschäft stark auszuweiten. Wir tun dies auf zwei Arten: Wachstum aus eigener Kraft, sowie Zukäufe. In den letzten beiden Jahren gründete ich Ecco, den Verlag von und für Frauen, und kaufte Schneiderbuch, den traditionsreichen deutschen Kinderbuchverlag. Als ich hörte, dass Nagel & Kimche frei wird, war sofort klar, dass dieser Verlag hervorragend in unsere Wachstumspläne passt. Uns fehlte noch eine grosse Marke für Belletristik; bei Ecco erscheinen ausschliesslich Autorinnen, dieses Experiment möchten wir weiterverfolgen.

Nagel & Kimche liefen in den letzten paar Jahren die Autorinnen und Autoren davon: Milena Moser wechselte zu Kein & Aber, Lukas Hartmann und Charles Lewinsky gingen zu Diogenes, Castel Freeman veröffentlicht jetzt bei Hanser, und Alfred Bodenheimer ging zu Kampa. Wieso wollten Sie den Verlag trotzdem?
Nagel & Kimche gehört zu den grossen deutschsprachigen Verlagen. Schon früh stellte er zur Belletristik ein sehr schönes, fokussiertes Sachbuchprogramm und ein traumhaftes Kinderbuchprogramm. Das Zeitlose, Klassische, Hochwertige dieses Verlags wollen wir wieder aufleben lassen. Renate Nagel schuf einen Verlag mit einem starken immateriellen Wert, der trotz wechselvoller Geschichte bis heute erhalten blieb – damit steht er in der Verlagsbranche ja nicht allein da. Viele lieben den Verlag, auch viele Buchhändlerinnen und Buchhändler. Als wir letzte Woche unserem Team den Kauf von Nagel & Kimche mitteilten, sah man lauter strahlende Gesichter.

Dennoch: Viele Namen, die für Nagel & Kimche standen, sind nun weg.
Autorinnen und Autoren, die gegangen sind, sind vielleicht schwer zurückzuholen. Aber denen, die noch da sind, bieten wir eine Heimat, ebenso wie denen, die künftig zu uns kommen. Wir haben Grosses vor. Der Verlag soll bei HarperCollins einen wichtigen Stellenwert für anspruchsvolle Belletristik und Kinderbuch bekommen. Es ist ein ernsthaftes, langfristiges Engagement.

Was passiert mit den vielen Rechten, die Nagel & Kimche besitzt? Ist es zum Beispiel denkbar, dass die früheren Bücher von Milena Moser nun beim HarperCollins-Frauenverlag Ecco erscheinen? Wie gehen Sie da vor?
Solche Dinge würde man immer mit der Autorin oder dem Autor besprechen, um den idealen Ort und das ideale Format zu finden. Grundsätzlich steht jedes Verlagsprogramm aber für sich, für seine Autorinnen und Autoren, die das Profil prägen.

Erhält Nagel & Kimche eine eigene Verlagsleitung?
Konzepte wie «Verlagsleitung» oder «Cheflektorat» gibt es bei uns nicht mehr. Ich stehe als Verleger für alle Programme der Gruppe und arbeite am liebsten in einem engagierten Team mit flachen Hierarchien. Für Nagel & Kimche wird es zwei Lektorinnen geben, die sich federführend um das Belletristikprogramm kümmern.

Wird es einen Standort Zürich geben?
Gestern rief ich Renate Nagel an. Sie fragte gleich als erstes, ob der Verlag nun «HarperCollins Schweiz» heissen würde. Natürlich nicht! Mein Ziel ist es, Nagel & Kimche in ihrem Sinn fortzuführen und in die Zukunft zu führen. Also: Nagel & Kimche bleibt selbstverständlich ein Schweizer Verlag. Wir haben tatsächlich auch das neue Verlagsbüro an der Forchstrasse mit übernommen.

Warum riefen Sie als erstes Renate Nagel an?
Diesen Verlag kauft man nicht, weil man sich Marktanteile sichern will, sondern wegen der Idee, die dahintersteht, die man fortführt und weiterentwickelt. Deshalb wird mein erster Besuch in der Schweiz auch Renate Nagel gelten.

Mit Nagel-&-Kimche-Autorin Eveline Hasler haben Sie auch telefoniert?
Ja, und wir lernen einander im Januar persönlich kennen. Über Weihnachten werde ich erst einmal in das Archiv und vor allem in die lieferbaren Titel eintauchen. Im Lauf der Gespräche im Vorfeld des Kaufs entdeckte ich zum Beispiel die Gesamtausgabe von Hermann Burger. Er gehört zu den Autoren, die mir als jungen Gymnasiasten die Leidenschaft für Bücher zum Leuchten gebracht haben – ein schöne Wiederbegegnung. Ich freue mich auf weitere Entdeckungen ebenso wie auf weitere persönliche Begegnungen mit den Autorinnen und Autoren von Nagel & Kimche.

Kampa erwarb den Kinderbuchverlag Atlantis und fährt nun das untergegangene Atlantis-Literaturprogramm wieder hoch. Sie erwarben den Literaturverlag Nagel & Kimche und planen, das Kinderbuchprogramm wieder aufleben zu lassen. Richtig?
Das kann man absolut so sehen. Lassen Sie uns in einem Jahr darüber sprechen!

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