Newsletter Schweizer Buchhandel
Ausgabe 48/2021 vom 16. Dezember 2021
1. Hans Frieden
1. «Bis heute hat meine Arbeit einen Experimentalcharakter behalten»
Zum Jahresende hört Verlagsvertreter Hans Frieden auf – zwei Jahre übers Pensionierungsalter war er noch für die Verlage unterwegs, jetzt steigt er aus dem Zug. Für den einen oder anderen Verlag will er zwar im Hintergrund noch weiterarbeiten, wie genau, ist noch nicht klar. 34 Jahre lang reiste er durch ganz Deutschland u.a. für die Verlage Limmat, Scheidegger & Spiess, Park Books, Christoph Merian, Edition Hochparterre, Chronos, Edition Patrick Frey und andere. Sein Jobprofil war von Anfang an ein «Experiment», wie Hans Frieden es nennt: 1986 hatten sich ein paar Schweizer Verlage zusammengetan, um sich gemeinsam einen Verteter in Deutschland zu leisten. Federführend war der 2006 verstorbene Heiner Spiess, der den Limmat-Verlag mitgegründet hatte und später den Verlag Scheidegger & Spiess ins Leben rief. Hans Frieden war zu dieser Zeit freier Journalist bei einer Tageszeitung in Luzern – damals gab es noch drei davon – und erfuhr durch ein Inserat im «Schweizer Buchhandel» von dieser Möglichkeit, seine Schreibtätigkeit zu ergänzen. Die deutschen Buchhandlungen wurden ganz gezielt ausgewählt: Entscheidend war nicht die Grösse, sondern ein Interesse an den Inhalten der beteiligten Indie-Verlage. 1987 begann die Reise zu zweit, ab 1988 reiste er lange allein. Doch alles veränderte sich ständig, die Reise, die Verlage, in die mit der Zeit auch deutsche Verlage kamen – wie ein langer Fluss. «Es ist ein erfolgreiches Projekt, das immer den Experimentcharakter behalten hat. Und bestimmt ist es bis heute so zukunftsträchtig, weil es stets der Situation angepasst wurde, gezielt und flexibel.»
War er der einzige Verlagsvertreter, der ganz Deutschland als Reisegebiet hatte? «Nein, Ruedi Deuble machte das auch und bestimmt noch andere. Aber ich war wohl der einzige Schweizer Verlagsvertreter, der durch ganz Deutschland reiste.» Hans Frieden besuchte 120 Buchhandlungen vom Bodensee bis zur Ostsee – 80 weitere betreute er schriftlich. In Göttingen hatte er eine kleine Zweitwohnung, wo er während der Reisezeit oft das Wochenende verbrachte. Ein Auto besass er sein Leben lang keins. «Im Zug konnte ich lesen, essen, schlafen, mich erholen. Die ganzen Distanzen waren ja nur so auszuhalten.» Und ja: Es gibt auch eine Nachfolgerin. Sie heisst Jessica Reitz und ist eine Buchhändlerin aus Berlin. Auf seiner letzten Reise sei ihm ein riesiges Wohlwollen entgegengebrandet, erzählt er, und die Buchhandlungen bedeuten ihm selbst sehr viel. Er habe sogar die Ehre gehabt, während vier Jahren Jury-Mitglied vom Deutschen Buchhandlungspreises zu sein. Wie ein «English Man in New York», war Hans Frieden ein Berner im deutschen Buchmarkt.
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