Newsletter Schweizer Buchhandel
Ausgabe 7/2023 vom 16. Februar 2023
15. In memoriam
15.
Am 11. Februar starb Libero Casagrande, Verlagsgründer der Edizioni Casagrande, im Alter von 93 Jahren in seinem Geburtstort Bellinzona. Man schrieb das Jahr 1949, als Libero Casagrande im hinteren Teil der Buchhandlung und des Schreibwarengeschäfts seiner Familie in Bellinzona Druckmaschinen aufstellte. Ein Jahr später druckte er selber das erste Buch: ein Verzeichnis der im Kanton Tessin registrierten Rinder. Nur wenige Jahre später hatte Libero Casagrande weitere Maschinen angeschafft und Fachleute eingestellt, um qualitativ hochstehende Bücher verlegen und drucken zu können. 1961 wurden die Edizioni Casagrande als erster Tessiner Verlag im Wettbewerb «Schönste Schweizer Bücher» ausgezeichnet. Ein Jahr davor hatte er zusammen mit dem Gelehrten Virgilio Gilardoni die Zeitschrift Archivio Storico Ticinese gegründet und damit einen der Grundsteine für die inhaltlicher Ausrichtung seines Verlags gelegt. Dieser entwickelte sich zu einem Brennpunkt im kulturellen Leben der italienischen Schweiz mit lokalen Autoren wie Plinio Martini (dessen «Il fondo del sacco» von 1970 heute ein Klassiker ist – auf Deutsch «Nicht Anfang und nicht Ende», Limmat, Neuauflage kommt im August), Giorgio Orelli, Giovanni Orelli, Anna Felder, Alberto Nessi, Fabio Pusterla und Gelehrten wie Sandro Bianconi, Padre Pozzi und Christian Marazzi. Libero Casagrande zeichnete sich auch durch eine grosse technische Experimentierfreudigkeit aus und war ein Pionier in der Digitalisierung. 1982 schuf er Libris, ein Warenwirtschaftsystem für Buchhandlungen, das sich in ganz Italien verbreitete und dazu beitrug, die Edizioni Casagrande weit über die Grenzen hinaus bekannt zu machen. In Italien wird der Verlag besonders für die Übersetzungen von Autorinnen und Autoren wie Robert Walser, Agota Kristof oder Alfonsina Storni geschätzt sowie für sein Interesse an der italienischen Literaturszene. Mit grosser Aufmerksamkeit und Sorgfalt verfolgte Libero Casagrande die Arbeit von Verlag und Druckerei in Bellinzona. Die Mitarbeitenden der Edizioni Casagrande erinnern sich heute an ihn mit Zuneigung und Liebe.
Sara Groisman, Edizioni Casagrande
Eine Lebens- und Verlagsgeschichte findet sich in «Archivio Storico Ticinese n. 165» vom Juli 2019. Der Beitrag ist im Netz frei zugänglich, der Link zum PDF findet sich auf der letzten Zeile.
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