Schweizer Buchhandels- und
Verlags-Verband SBVV

Newsletter Schweizer Buchhandel
Ausgabe 31/2023 vom 24. August 2023

2. Interview mit Lucien Leitess
2. «In jedem Jahrzehnt gab es Angebote, den Verlag zu übernehmen»

Lucien Leitess, Sie gründeten vor 48 Jahren den Unionsverlag in Zürich. Heute ist er ein Urgestein in der Schweizer Verlagsszene. Warum konnte es nicht unabhängig weitergehen?
Lucien Leitess:
Auch Urgesteine sollten an die Zukunft denken. Ich musste die Weichen für einen Übergang in eine Zeit nach mir stellen. Auch wenn ich noch eine gute Weile an Bord bleibe, dieses Interview ist nicht mein Schwanengesang. Das Umfeld hat sich in den letzten zehn Jahren für die wenigen exportierenden Verlage im Land massiv geändert. Der Währungssturz um über ein Drittel reisst Löcher in die Bilanz, da helfen auch schöne Umsatzzuwächse nicht drüber hinweg. Alle Verlage in unserer Grössenordnung müssen sich anpassen. Kooperation, Zusammenschluss, über die Länder verteilte Dienste sind nötig, um den Arbeitsmittelpunkt Schweiz halten zu können. Einfach weitermachen wie bisher ist kein guter Plan.

Warum fand sich kein Verleger oder keine Verlegerin, die ihn als Schweizer Verlag weiterführt?
Vorsicht – das ist ein Missverständnis. Der Unionsverlag bleibt ein Schweizer Verlag. Hier ist unser Standort, auch wenn die Heimat unseres Programms die weite Welt ist. Team, Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, das Domizil bleiben ja erhalten. Wir haben auch mit einigen Kollegen in der Schweiz gute, offene Gespräche geführt und gegenseitig die Karten auf den Tisch gelegt. Es war für mich eine gute Erfahrung zu sehen, dass uns die gleichen Fragen umtreiben.

Wie und warum fiel die Wahl auf C. H. Beck?
Da fügte sich bald Verschiedenes aufs Trefflichste ineinander. Zum einen ist dessen literarisches Programm dem unseren seelenverwandt. Wir teilten schon 1988 die Freude über den Nobelpreis für Nagib Machfus. Dann verfügt die Beck-Gruppe über eine weiterverzweigte Infrastruktur, die unser Backoffice in Vertrieb, Buchhaltung und so weiter unterstützen kann. Ferner ist C. H. Beck in der Schweiz mit Helbing & Lichtenhahn, Dike und Versus im Fachbuchbereich schon seit vielen Jahren präsent. Die Erweiterung durch uns als Publikumsverlag spiegelt nun auch die Konstellation des Mutterhauses.

Nun ist es also vorbei mit der Unabhängigkeit des Unionsverlags, die Ihnen immer so wichtig war?
Na ja, kein Wirtschaftsbetrieb ist unabhängig von Bilanz und Budget. Und von Mäzenen wollten wir nie abhängig sein. Was mir ganz wichtig ist: C. H. Beck ist keiner dieser Konzernverlage, die von rotierenden Managern manövriert werden, sondern ein grundsolides, persönlich geführtes, unabhängiges Familienunternehmen. Gewissermassen ein riesenhafter, jahrhundertealter Independent. Auch wenn der Unionsverlag innerhalb der Gruppenstrukturen eigenständig bleibt, wird er kein im klassischen Sinn selbstverwalteter «Independent» mehr sein. Letztlich waren es dann die Umsicht, Vorsicht und Rücksicht des Beck’schen Teams im Gesprächsprozess, die unser Team und unseren Verwaltungsrat überzeugten, dass dies die richtige Weichenstellung ist.

Sie widmeten fast 50 Jahre ihres Lebens ihrem Unionsverlag. Seit wann begleitet Sie der Gedanke an einen Verkauf?
Über die Jahrzehnte erlebt man neben glücklichen Momenten und Erfolgsjahren immer wieder Tiefpunkte, Krisen und Engpässe, in denen man sich neu aufrappeln muss. In jedem Jahrzehnt gab es dankend abgelehnte Angebote, den Verlag zu übernehmen. Es machte nur Spass auf dem Nagelbrett. Erst das Desaster des Wechselkurses gab den Ausschlag. Bei einem Kurs von 1.20 wäre das Haus in der alten Konstellation langfristig kerngesund, bei 1.50 eine Goldgrube. Jetzt steht der Kurs unter 1. Besserung ist nicht in Sicht. Drum, ganz am Rande: Die Schweizer Verlagsszene und auch die Verlagsförderung tun gut daran, auch an jene zu denken, die in allen Landesteilen über die Grenzen hinaus arbeiten. Es braucht sie in diesem so zauberhaft vielfältigen, hochgradig sensiblen Kulturbereich.

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10. Diverse Meldungen
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13. In memoriam
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14. SRF-Bücherliste
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© Ayse Yavas

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